Kristin A. Sandberg: Immer diese Weiber

Aus dem Norwegischen von Maike Dörries, Carlsen Verlag, Hamburg 2010, 106 Seiten, �9,95

�Vielleicht a� er ja in diesem Moment gerade rote Würstchen mit seinem dänischen Hallodri-Vater, der nach zwölf Jahren Unsichtbarkeit sein Comeback feierte, dachte ich.�

Der 12-jährige Rune hat es satt. Immer ist er von Frauen, ach nein, �Weibern� umgeben, in jeder Lebenslage, ob im Kindergarten, in der Schule oder zu Hause. Eine Beobachtung, die den Jungen in eine tiefe Lebenskrise stürzt. Runes Mutter ist alleinerziehend und die Existenz des Vaters wird in der Familie totgeschwiegen. Kein Wunder, dass Rune neuerdings nur noch an seinen Vater denkt und jegliche Empfindlichkeiten der Mutter einfach ausblendet. Offenbar haben sich Runes Eltern vor zwölf Jahren auf einer Fähre kennengelernt, denn Runes Vater ist nicht Norweger, sondern Däne. Allerdings hat sich Runes Erzeuger, nachdem er von seinem Kind erfahren hatte, nie bei Runes enttäuschten Mutter gemeldet. Runes Freund Eddie, er ist der Erzähler und besorgte Beobachter, hat sich gerade in Pernille, die wie das Meer riecht, verknallt. Frauen haben bei ihm momentan die höchste Priorität. Aber Eddie hat auch gut reden, denn ihn, und manchmal wünschte er, es wäre weniger, betutteln Vater und Mutter rund um die Uhr. Rune jedenfalls hat keine Lust mehr auf das Papa-lose-Leben. Er malt sich aus, was der Vater wohl beruflich so treibt, wie er aussieht, wie er lebt. Rune will seinen Vater etwas fragen, was nur er beantworten kann. Doch der Junge läuft gegen Wände. Als dann in der Klasse wieder die Papatour, die jedes Jahr stattfindet, ansteht, sagt Rune ab. Er hat keine Lust wieder mit Eddie und seinem Vater zu fahren und auf die Angeber Simon und Morten und ihre �Super�väter hat er erst recht keine Lust.

Rune erkundigt sich an seiner Mutter vorbei über seinen Vater und wird fündig. Der Junge macht den ersten Schritt und liegt trotz erster Niederlage genau richtig.

Keine Frage, jeder Leser wünscht Rune, dass sein Vater sich endlich für ihn interessiert. Auch wenn das Ende dieser realistisch, humorvollen Geschichte eher einem Märchen gleicht, verstanden hat sicher auch der letzte, Vater und Mutter, egal wie weit sie entfernt innerlich wie äu�erlich sind, gehören zu einem Kind.

Unaufgesetzt und sensibel erzählt Kristin A. Sandberg von den offensichtlichen Unterschieden zwischen den Geschlechtern, Entscheidungen, die man einfach akzeptieren muss und vom Nachdenken eines Vorpupertierenden über sich und seinen unbekannten Vater. Die Autorin versteht es, ein wirklich aktuelles Thema, wie viele Kinder leben ohne Kontakt getrennt von einem Elternteil, in eine leichte, lakonisch erzählte Geschichte zu verpacken. Sie schreibt herrlich lebendige Dialoge und legt ihre Worte in den Mund eines klugen, wie feinnervigen, dabei doch so verliebten Erzählers.