BUMERANG

Tatiana de Rosnay: Bumerang, Aus dem Englischen von Angelika Kaps, Bloomsbury Berlin Verlag, Berlin 2009, 348 Seiten, �19,90

�Noirmoutier lässt mich nicht mehr in Ruhe.�

Noirmoutier, ein traumhafter Urlaubsort am Meer, beschäftigt Antoine seit er an ein Geschenk zum 40. Geburtstag für seine Schwester Mélanie denkt. In Noirmoutier hat die Familie ihre Ferien verbracht als Antoine und Mélanie Kinder waren. Die Fahrt zurück in die Vergangenheit, zu glücklichen und schmerzhaften Erinnerungen an die Mutter Clarisse, die überraschend starb als die Kinder erst 10 und 6 Jahre alt waren, werden dieses lange Wochenende ausfüllen. Auch Antoine soll diese Fahrt weit fort aus Paris auf andere Gedanken bringen. Er hadert nach der Scheidung von Astrid mit allem in seinem Leben, seinem Beruf als Architekt, seinen drei Kindern und vor allem mit seiner wohlhabenden gro�bourgeoisien Familie, dem tyrannischen Vater und der verhärmten, auf Etikette bedachten Gro�mutter. In Noirmoutier war die Familie zuletzt 1973, doch wie ein Bumerang kehren alle Gefühle und Erinnerungen schlagartig zurück. Mélanie, Lektorin in einem anerkannten Verlag, kann endlich nach ihrer unglücklichen Trennung abschalten. Auf der Heimfahrt beginnt dann das erste Unglück � Mélanie will gerade Antoine etwas Wichtiges sagen als sie mit dem Auto hinter Nantes ins Schleudern gerät und beide verunglücken. Mèlanie erleidet einen Milzriss, Antoine kommt ohne Verletzungen davon. Wieder hat Antoine Gelegenheit zum Nachdenken und leichtem Versinken in Selbstmitleid, denn nun sitzt er in einem kleinen Ort mit Krankenhaus fest, denn Mélanie ist nicht transportfähig. In kurzen Szenen lässt Antoine seine Kindheit Revue passieren und entdeckt vieles, was ihm heute das Leben schwer macht. Ruhig musste er als kleiner Junge sein, nicht auffallen, blo� nicht protestieren und schon gar nicht eine eigene Meinung vertreten. Nie wurde in der Familie geredet, auch nicht über den plötzlichen Tod der Mutter. Die Kinder wurden nicht getröstet, sie mussten funktionieren. Schnell trat eine gleichgültige Stiefmutter in ihr Leben. Antoines drei Kinder sollten so nicht aufwachsen. Doch Arno und Margaux, beide dick in der Pupertät, reden kaum noch mit ihrem Vater und verschanzen sich hinter Computer und iPod. Lucas liebt seinen Nintendo und die Eltern, wenn er sie braucht. Wie ein Wirbelwind platzt in diese Grübeleien eine junge, unabhängige Frau, die sich als Leichenkosmetikerin im Krankenhaus outet und Antoine auf völlig neue Gedanken bringt. Doch zurück in Paris soll die Tristesse in Antoines Alltag nicht weichen. Schwermütig liest sich diese Geschichte, in der noch viele Todesfälle und Komplikationen folgen sollen. Als Mélanie wieder einfällt, worüber sie mit Antoine vor dem Unfall reden wollte, erwacht er aus seiner Lethargie und spürt dem Tod seiner Mutter nach. Mehr als alle handelnden lebenden Figuren geistert die verstorbene Mutter und das Rätsel um ihren Tod in der Geschichte von Anfang an.

Zu viele Klischees belasten den Einblick in die Leben der Protagonisten und ein paar Unglücksfälle weniger hätten der durchaus anregenden Geschichte gut getan. Wie kompliziert und lähmend sich familiäre Strukturen auf den einzelnen auswirken können und wie anders ein Leben in anderen Umständen verlaufen wäre, davon erzählt �Bumerang� auf eindrucksvolle und unterhaltende Weise.