Mia schläft woanders

Pija Lindenbaum

Deutsch von Kerstin Behnken, Oetinger Verlag, Hamburg 2011, 40 Seiten, �12,95

�Jetzt muss ich warten, bis es Morgen ist.�

Eine typische Situation, die irgendwann im Kinderleben eintritt: Mia übernachtet bei ihrer neuen Freundin Cerisia. Die Freundinnen, die auch noch den gleichen Pullover tragen, sind total aus dem Häuschen vor Freude und die Eltern haben viel zu besprechen. Allerdings war Mia noch nie bei Cerisia zu Besuch und das erschwert das Abenteuer erheblich. Mia wei�, dass Cerisia einen Bruder hat, zwei Meerschweinchen und einen Hund. Aber dann ist das, was sich in den Erzählungen so faszinierend angehört hat, gar nicht so toll. Der Hund ist alt und zottelig und dazu hat er auch noch eine Riesenbeule auf dem Kopf. Cerisia schmust gleicht mit ihm, aber Mia will ihn nicht anfassen. Auch die Meerschweinchen sind nicht Mias Fall, denn sie riechen ziemlich stark. Und dann sitzt da noch eine uralte Frau auf dem Sofa. Mia wird immer unsicherer. Cerisias älteren Bruder hat sich Mia auch anders vorgestellt. Er hört laut Musik und beachtet niemanden. Und als Cerisia sich auch noch ein Wassereis mehr nimmt, weil sie ja hier zu Hause ist, ist die Stimmung irgendwie auf dem Nullpunkt. Doch dann spielen die Mädchen und der Abend ist fast gerettet. Schön sehen die Kerzen auf dem Tisch aus, doch Couscous mag Mia überhaupt nicht. Alles ist so anders bei Cerisia, die immer ihren Kopf durchsetzt und dann auch noch schnell einschläft. Wollten sie nicht die ganze Nacht hindurch erzählen? Mia jedenfalls bekommt kein Auge zu. So unheimlich sehen die Dinge in der dunklen Wohnung aus oder schläft sich doch und erlebt einen Alptraum? Als die beiden Mädchen dann am kommenden Morgen unter der Küchenspüle aufwachen, scheint doch einiges in der Nacht passiert zu sein.

Pija Lindenbaums Bilderbücher faszinieren, zum einen durch die realistischen Beobachtungen und die Wirklichkeitsnähe der Handlung, zum anderen durch die Zeichnungen, die genau widerspiegeln, wie sich ein Kind fühlt.

Riesig gro� wirken der Flur, die Türen, das Sofa, der Hund und der Bruder auf Mia. Irgendwie anders ist das Abendessen bei der Freundin und Cerisia bockt rum, da es keine Kekse gibt, weil sie nicht aufgegessen hat. Aber Mias Teller ist auch noch voll. Der �berschwang der Gefühle kippt bei den Mädchen schnell in Enttäuschung um. Die Erwachsenen halten sich aus allem raus und Mia muss allein mit ihren Eindrücken fertig werden. So wird die Wohnung in der Nacht zu einem grauen Gruselschloss, hinter dessen Mauern überall Geheimnisse versteckt sind. Durch die starken Farbwechsel von taghell über blutrot zu grau gewinnt die Geschichte an Bewegung und verdeutlicht Mias innere Gefühlswelt, mal gro�e Freude, dann wieder Verunsicherung und schreckliche Angst. Psychologisch überzeugend wirken auch die Fantasievorstellungen des Kindes, dass in der Nacht die Ereignisse der vergangenen Stunden verarbeitet. Am Ende rekapituliert Mia sehr rational und nüchtern die Ereignisse und kommt zu dem Schluss: �So supertoll war es nicht.�