Keith Gray: Ostrich Boys

Deutsch von Uwe-Michael Gutzschhahn, Rowohlt Taschenbuch Verlag, rororo, 320 Seiten, �12,95

�So wie heute Morgen, als wir in Cleethorpes in den Zug gestiegen waren, spürte ich wieder dieses aufregende Brodeln der Rebellion in meinem Magen.�

Was kann es schlimmeres geben, als einen echten Freund zu verlieren? So denken auch der schnell aufbrausende Sim, der ab und zu etwas feige Kenny und der übergewichtige Blake, der Erzähler der Geschichte. Ihr gemeinsamer Kumpel Ross ist mit seinen 15 Jahren gestorben, ein Auto hat sein Fahrrad erfasst und ihn totgefahren. Die Freunde kennen sich schon ewig, halten zusammen und liegen auf einer Welle, dachten zumindest die drei Zurückgebliebenen. Als Ross beerdigt wird, bleibt ein schales Gefühl zurück. Wie kann der Geschichtslehrer, Mr Fowler, der Ross so gedemütigt hat, einfach so in der Kirche sitzen? Munroe hat Ross wegen seiner selbstgeschriebenen Geschichten, die alle bewundert haben, ständig verprügelt und Nina hat ihm den Laufpass gegeben. Nichts ist richtig gelaufen, finden die drei Freunde. Blake, Sim und Kenny beschlie�en für Ross eine würdige Trauerfeier auszurichten, in dem schottischen Ort Ross. Angeblich wollte Ross dort auf jeden Fall hinfahren. Selbstgerecht, ohne die Gefühle der anderen zu beachten, wie es nur Jugendliche können und naiv schmieden die drei einen verhängnisvollen Plan. Blake klaut die Urne mit Ross' sterblichen �berresten und los geht�s mit Kennys Geld in Richtung Norden. Alles wäre auch prima gelaufen, hätte Kenny nicht seinen Rucksack beim hektischen Umsteigen vergessen. Kenny kann jeden Computer auf Vordermann bringen, aber die praktischen Seiten des Lebens sind ihm fremd. Von dem Moment an läuft alles schief und immer mehr Spannungen und Differenzen bringen die Jungen auseinander.

Keith Gray ist ein guter Beobachter, trotz der Schwere des Themas schlägt er einen leichten Erzählton an, lässt die Jungen ihre üblichen Kabbeleien austragen und entwirft nach und nach für den Leser ein anschauliches Bild von den doch sehr unterschiedlichen Jugendlichen. Immer wieder überlegen die Jungen, was Ross wohl zu ihrem Trip gesagt hätte, wie er auf bestimmte Dinge reagiert hätte. Welchen Einfluss jedoch Ross auf jeden der Freunde hatte und immer noch hat, dass offenbart sich immer wieder in Vorwürfen, die die Jungen sich gegenseitig machen und in der finalen, alles entscheidenden Auseinandersetzung ganz am Ende des Romans. Dabei versucht jeder der Jungen die Fassade vor dem anderen zu wahren, niemand würde vor seinem Kumpel Gefühle zeigen. Auch wenn sie sich eng verbunden fühlen, gesprochen wird längst nicht über alles.

Blake fragt sich während der Reise, was Ross innerlich beschäftigt hat, wie sah es wirklich in dem Jungen aus? Waren sie die engsten Freunde? Nach und nach schleicht sich auf der Reise von der englischen Nordostküste Richtung Schottland der Gedanke ein, dass Ross vielleicht nicht nur einfach so bei einem Unfall gestorben ist. War es Selbstmord?

Die Reise nach Schottland entwickelt sich für die Jungen zu einer Mischung aus Abenteuerfahrt, Selbstfindungstripp, aber auch Trauerbewältigung. Nichts läuft so, wie es geplant war. Jeder der Jungen wird über seinen Schatten springen und etwas tun, was er nie für möglich gehalten hat und doch idealisiert der Autor die Freundschaft zwischen den Jungen nicht.

Warum der Roman �Ostrich Boys� hei�t, bleibt etwas im Ungewissen. Die Jungen stecken den Kopf nicht wie ein Strau� in den Sand, auch wenn ihnen vielleicht erst zu spät so einiges bewusst wird.

Keith Gray trifft in all der Widersprüchlichkeit genau den Ton der Jungen, betrachtet durch Blakes Perspektive ihre Gefühle, ihre Sprache und ihr Schweigen. Spannend liest sich diese Ausrei�ergeschichte, denn sie überzeugt sprachlich wie inhaltlich.